Es war mal wieder soweit: Ein heller Komet sollte unseren Nachthimmel schmücken. Der Gesteinsbrocken mit dem wenig romantischen Namen C/2022 E3 (ZTF) wurde erst 2022 entdeckt. Auch wird er gerne als Neandertaler-Komet bezeichnet, weil er das letzte Mal vor 50.000 Jahren am Himmel stand, als die Neandertaler auf der Erde lebten. Ob sie ihn bewusst am Himmel gesehen haben, sei mal dahingestellt. Trotz allem war es natürlich ein Ansporn für jeden ambitionierten Astrofotografen, diesen Kometen abzulichten. Aufgrund seiner berechneten Helligkeit sollte er also auch mit relativ einfachen Mitteln zu fotografieren sein. Es gab allerdings einen Haken: Wie jeder Hobby-Astronom oder Astrofotograf weiß, ist es bei besonderen astronomischen Ereignissen zumeist bewölkt, oder es ist Vollmond. Und dieses Mal kam beides zusammen. In der Nacht seiner Erdnähe (mit um die 42 Millionen Kilometern) war es bewölkt und der (Fast-) Vollmond störte ebenfalls mit seinem Licht. Also suchte ich mir jeweils ein Datum mit passendem Wetter vor seiner Erdnähe und nach seiner Erdnähe, um ihn zumindest in der Abwesenheit des Mondes und in der Dunkelheit des Sternenparks Westhavelland abzulichten.
17. Januar: Zu klein, zu horizontnah
Es war die gefühlt erste klare Nacht des neuen Jahres angekündigt, kurz vor Neumond, mit winterlichen Temperaturen; perfekt also, das erste Mal auf Kometenjagd zu gehen. Der Hype in den Medien war schon relativ groß, sodass auch die eigenen Erwartungen automatisch stiegen. Noch am selben Nachmittag dämpfte ich selber diese Erwartungen, um am Ende nicht enttäuscht zu sein. Ich habe schon einige Kometen in meiner Astrofotografie-Laufbahn erlebt, und nur zwei waren am Ende wirklich spektakulär und einfach zu fotografieren: C/2014 Q2 (Lovejoy) Anfang 2015 und der wunderbare C/2020 F3 (Neowise) im Sommer 2020.
Im Sternenpark angekommen, baute ich gleich meine Montierung (eine Skywatcher NEQ-3) auf, um nachgeführte Aufnahmen realisieren zu können. An diesem Abend stand der Komet anfangs noch relativ niedrig am Nordhorizont. Insgeheim erhoffte ich mir den Kometen in die Nachtlandschaft integrieren zu können. Aber zu allererst muss der Komet gefunden werden. Ein kurzer Blick in eine App (SkySafari oder Stellarium) zeigte mir die aktuelle Position am Himmel. Ein erstes Testbild wurde gemacht, bei 200mm an Vollformat bei 60 Sekunden Belichtungszeit und ISO 3200:
Deutlich zu erkennen, mit grünlicher Farbe und Schweifansatz, aber doch winzig, trotz 200mm Brennweite. Nach der ersten Freude á la “Ich hab’ ihn!” folgte also doch die Enttäuschung. So klein hatte ich ihn dann doch nicht erwartet. Gut, die Horizontnähe und ein wenig Dunst mit Schleiern schluckten natürlich auch Helligkeit und Details von dem Kometen. Somit verabschiedete ich mich schon mal von der Idee, ihn mit der Landschaft zu integrieren. Dafür ist er an diesem Abend einfach zu unspektakulär. Also probierte ich die Brennweite zu erhöhen, um ihn größer auf dem Foto zu haben und möglicherweise auch ein paar mehr Details zu entlocken. Aber selbst mit 600mm an der Sony A7S2 haute er mich nicht vom Hocker.
Ich startete zwar sowohl mit 200mm als auch mit 600mm jeweils eine Serie zum Stacken, aber beide Ergebnisse sind am Ende für mich nicht wirklich spektakulär. Hier der Stack aus 16 Aufnahmen á 30s bei 200mm:
Bei 600mm war außerdem deutlich zu erkennen, dass der Komet gegenüber den Sternen eine Eigenbewegung aufweist. Zwischen den einzelnen Bildern mit jeweils 30 Sekunden Belichtungszeit war eine deutliche Positionsveränderung zu erkennen. Dies erschwerte das Stacking.
Somit blieb am Ende nur die Hoffnung, dass er sich noch heller und besser entwickelt, sodass er auch mit geringer Brennweite eindrucksvoller zu fotografieren ist. In den kommenden Wochen sollte er außerdem auch an Höhe am Himmel gewinnen, sodass er Anfang Februar eine zenitnahe Position einnehmen würde.
08. Februar 2023: Zweiter und letzter Versuch?
Der nächste klare Himmel sollte wieder auf sich warten lassen. Die Wettervorhersagen sagten aber für die Woche nach Vollmond viel Sonne und nachts auch einen klaren Himmel voraus. Es sollte aber auch 3 Tage nach Vollmond dauern, bis der Mond spät genug aufgeht, dass man nach der Dämmerung genügend Zeit in Dunkelheit zum Fotografieren hat.
Das sollte am 08. Februar dann soweit sein. Zwischen Dämmerungsende und Mondaufgang sollten ziemlich genau 60 Minuten liegen. Bei so “wenig” Zeit, überlegte ich auch, ob ich die Zeit nicht effektiver für die Deep-Sky-Fotografie nutzen könnte. Die Idee war, auf meiner Montierung eine Schiene anzubringen, die lang genug ist, um zwei Kameras gleichzeitig dem Sternenhimmel nachzuführen. On location sah das dann so aus:
So konnte ich zeitgleich mit 200mm (an Vollformat) und 50mm (an APS-C) für ca. 60 Minuten auf den Kometen zielen. Wobei so viel Belichtungszeit am Ende bei solch schnellen Kometen gar nicht notwendig sind.. Bei der Serie mit dem 200mm-Objektiv habe ich am Ende 5 Frames à 30 Sekunden gestackt. Erst nach der Aufnahme, als der Mond schon aufgegangen und die Montierung bereits halb abgebaut war, bemerkte ich, dass die komplette 200mm-Serie nicht perfekt im Fokus war. Dementsprechend ist auch das Ergebnis nicht perfekt scharf und sonderlich viel Zeit und Aufwand habe ich in die Bearbeitung auch nicht gesteckt. Vielleicht wwäre dann das 135mm f/2 Objektiv doch die bessere Wahl gewesen, um in kürzerer Zeit mehr Licht zu sammeln, gegenüber der f4-Blende beim 200mm-Objektiv.
Viel interessanter finde ich aber auch das Gesichtsfeld mit dem 50mm-Objektiv an der astromodifizierten APS-C Kamera (Canon 760D). Hier haben wir den grünen Kometen (links), den orange-gelb leuchtenden Mars (rechts) und rötlich schimmernde Wasserstoff-Nebel im unteren Bildbereich imm Sternbild Fuhrmann. Außerdem sind Dunkelwolken beim Mars und oberhalb des Kometen zu sehen. Hier habe ich wiederum “nur” 5 Frames à 1 Minuten und 30 Sekunden gestackt:
Mit dem letzten Ergebnis bin ich recht zufrieden. Ich mag ja solche Widefield-Aufnahmen, in denen verschiedene Objekte zu sehen sind. Und in diesem Fall haben wir sogar verschiedene Farben im Bild. Diese Kometenjagd hat also dann doch ein recht versöhnliches Ende gefunden: Ich habe ein relativ vorzeigbares Bild dieses Kometen (zwar weitwinklig, aber immerhin) und ich weiß nun, dass ich auch parallel zwei Kameras für Deep-Sky-Fotos betreiben kann. Aber ich habe auch mal wieder gelernt: Ich sollte noch öfter den Fokus kontrollieren. 😉
Aber das Wichtigste: Ich war trotz des bescheidenen Winterwetters in Deutschland draußen, in der Natur und unterm Sternenhimmel. Und auch wenn C/2022 E3 (ZTF) nun weiter in die Tiefen des Sonnensystems vordringt und erst in 50.000 Jahren wieder am Erdhimmel zu sehen sein wird; bis zum nächsten hellen Kometen ist es nur eine Frage der Zeit…